Pharmakovigilanz

Pharmacovigilance

Trotz umfassender vorklinischer und klinischer Studien werden Arzneimittelrisiken nicht selten erst nach der Marktzulassung aufgedeckt. Mögliche Gründe sind eine größere Patientenpopulation, Multimedikation, Off-Label Use oder Medikationsfehler. Die Pharmakovigilanz-Abteilung hat die wichtige Aufgabe, diese Risiken zu identifizieren, zu bewerten, besser zu verstehen und wenn nötig zu melden. So kann eine kontinuierliche Nutzen-Risiko-Bewertung vorgenommen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen reduziert oder sogar verhindert werden.

Welche gesetzlichen Grundlagen gelten im Bereich Pharmakovigilanz? Wie wird die Sicherheit von Medikamenten vor und nach der Zulassung überprüft? Und welche Berichte sind bei den Behörden einzureichen? Wir möchten Ihnen mit unserem Artikel eine kurze Einführung in diese Thematik geben.

Gesetzlicher Hintergrund

Arzneimittelskandale, wie um die Schlankheitspille „Menocil“ oder das Schlafmittel „Contergan“, haben in der Vergangenheit gezeigt, dass international eine starke Reglementierung klinischer Studien notwendig ist. Hierdurch wird die Sicherheit von Arzneimitteln auch nach der Zulassung kontinuierlich überwacht.

Um weltweit vergleichbare Bedingungen für klinische Studien und die Zulassung von Medikamenten zu schaffen, wurde 1997 die Verordnung ICH-GCP (Good Clinical Practice) eingeführt. Diese definiert international anerkannte, ethische und wissenschaftliche Qualitätsstandards für klinische Prüfungen. Damit bildet sie bis heute die gesetzliche Grundlage für nationale Arzneimittelbehörden und pharmazeutische Hersteller.

Neben der ICH-GCP gibt es z.B. in den USA und Europa Richtlinien für Pharmakovigilanz-Aktivitäten (Good Vigilance Practices, GVP). Für die Sicherheit von Arzneimitteln in den USA ist die Food and Drug Administration (FDA) zuständig. Wegweiser für GVP sind hier der Federal Food, Drug and Cosmetic Act (FDCA) und die FDA Code of Federal Regulations (CFR) Title 21. In Europa überwacht das Pharmacovigilance Risk Assessment Commitee (PRAC) der EMA (European Medicines Agency) die Sicherheit von Medikamenten. Schwerwiegende Ereignisse werden von Herstellern erfasst und in ein zentrales Pharmakovigilanzsytem, die sogenannte EudraVigilance-Datenbank, hochgeladen. Welche Qualitäts- und Sicherheitsstandards von Seiten der Hersteller zu beachten sind, sind in den Modulen I bis XVI der GVP näher definiert.

Pharmakovigilanz vor der Zulassung

Bevor Medikamente auf den Markt kommen, wird ihre Sicherheit im Rahmen klinischer Studien von Herstellern und Behörden überprüft. Unerwünschte Ereignisse (Adverse Events) werden während der Studiendurchführung dokumentiert. Diese Daten werden je nach Schweregrad und kausalem Zusammenhang mit der Prüfmedikation bewertet und an die zuständigen Bundesbehörden und Ethikkommissionen gemeldet. Schwerwiegende und unerwartet auftretende Ereignisse (Serious Unexpected Adverse Reaction, SUSARs) müssen innerhalb von 7 bis 15 Tagen gemeldet werden. Schwerwiegende, unerwünschte Ereignisse (Serious Adverse Events, SAEs) ohne Kausalzusammenhang werden gesammelt und jährlich in Form eines Development Safety Update Report (DSURs) eingereicht.

Pharmakovigilanz nach der Zulassung

Wie zuvor beschrieben, können auch nach der Zulassung eines Medikamentes unerwünschte Ereignisse auftreten. Um diese Risiken systematisch zu identifizieren und zu ihrer Prävention und/oder Reduktion beizutragen, sollen pharmazeutische Unternehmen, laut GVP, eine Qualified Person for Pharmacovigilance (QPPV) nominieren. Sie ist es, die mit der Implementierung und Verwaltung eines Pharmakovigilanz- und Risikomanagementsystems beauftragt ist.

Pharmakovigilanz-SystemRisikomanagement-System
– PV-Stammdokumentation (PSMF) für jedes Arzneimittel
– Korrigierende und präventive Maßnahmen (CAPA)
– Regelmäßige Audits
– Identifizierung neuer, potenzieller Risiken (Signal Detektion)
– Aktualisierung und Reflektion des Nutzen-Risiko
– Verhältnisses zugelassener Arzneimittel

Zu den genannten Aufgaben gehören auch bestimmte Dokumentations- und Meldepflichten, wie die spontane Meldung von Verdachtsfällen, Literaturrecherche und die Erstellung aggregierter Berichte für die Behörden. Welche Berichte in den USA oder Europa einzureichend sind, zeigt die folgende Tabelle.

USAEuropa
– Periodic Adverse (Drug) Experience Report (PADER, PAER)
– Integrated Summary of Safety (ISS)
– Periodic Safety Update Report (PSUR)
– Periodic Benefit Risk Evaluation Report (PBRER)
– Clinical Summaries of Safety
– Clinical Study Reports (Safety Paragraph)
– Individual Case Safety Reports (ICSR)

Häufig werden auch nach der Zulassung klinische oder nicht-interventionelle Studien durchgeführt, sogenannte Post-Authorization Safety Studies (PASS) or Post-Approval Studies (PAS). So können weitere Kenntnisse über das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels gesammelt oder ein positives Nutzen-Risiko Verhältnis gewährleistet werden. Wurde ein Arzneimittel unter besonderen Umständen zugelassen, kann eine solche Studie durch die Behörden vorgeschrieben werden. Oft entscheiden sich Zulassungsinhaber jedoch auch freiwillig für die Durchführung einer Studie.

[Disclaimer]

Die vorliegenden Informationen sind nur eine mögliche Interpretation der Regularien. Diese befinden sich zudem im ständigen Wandel, sodass die Informationen in diesem Artikel möglicherweise unvollständig oder nicht mehr auf dem neusten Stand sind. Bei dem obigen Artikel handelt es sich ausdrücklich nicht um eine rechtliche Beratung. Bitte informieren Sie sich in den offiziellen Dokumenten, bevor Sie unternehmerische Entscheidungen treffen. (Stand der Informationen: Juni 2023)

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