Blockchain ist kein Business Case

Ein Kommentar von Daniel Althoff, Produktmanager

In der Reihe tracekey perspective erscheinen ab sofort Texte unserer Mitarbeiter zu wichtigen Themen der Branche. Daniel Althoff sagt seine Meinung zur viel diskutierten Blockchain.

>> Als ich mich das erste Mal beruflich mit dem Begriff „Blockchain“ befasst habe, saß ich in einem Meeting mit Beratern und Fälschungsschutzexperten. Wir diskutierten verschiedene B2B Anwendungsfälle, als ich gefragt wurde: „Blockchain – Chance oder Gefahr für tracekey als Track&Trace Plattform?“

Seitdem gibt es scheinbar keinen Anwendungsfall, der nicht durch die Blockchain gelöst, keine Industrie, die nicht durch die Blockchain revolutioniert werden wird. Die Übersicht zu behalten, ist schwierig. Ähnlich wie bei „der Digitalisierung“ ist die Definition von „Blockchain“ extrem weit gefasst. In einigen Fällen wurde lediglich eine neue Vokabel für alte Ideen gefunden.

Beispiel: Transparenz in der Nahrungsmittel Supply Chain

Immer mehr Verbraucher möchten wissen, woher ihre Nahrungsmittel stammen. Durch die Blockchain können Teilnehmer einer Lieferkette in Zukunft manipulationssicher Daten austauschen, die z.B. über einen QR-Code auf dem Produkt durch den Verbraucher abgerufen werden können. Problem gelöst?

Das Szenario kennt man bereits unter dem Stichwort Track&Trace, oder auch Rückverfolgbarkeit, d.h. man möchte den Lebensweg eines Produktes von der Wiege bis zur Bahre aufzeichnen und somit transparent machen. Mittlerweile gibt es einige Produkte im Einzelhandel mit QR-Code, der genau das ermöglichen soll. Das sind Anstrengungen einzelner Unternehmen, keine disruptiven Umwälzungen einer Industrie.

Es mangelt nicht an der richtigen Schlüsseltechnologie. Den Unternehmen stehen leistungsfähige und erprobte Systeme, sowie die notwendige Cloud-Technologie zu fairen Konditionen zur Verfügung. Das Problem ist, dass sich der Business-Case aus ganz praktischen Gründen oft nicht rechnet. Es scheitert an einer unzureichenden IT-Infrastruktur bei Zulieferern, notwendigen Investitionen in Markierungstechnologie, Hard- und Software, Personal und einem Ungleichgewicht zwischen Mehrwert-Empfängern und Kosten-Trägern.

Der Return of Investment ist nicht sofort und direkt ersichtlich. Die Verbraucher möchten zwar gerne wissen, woher ihre Produkte stammen, aber weder dafür zahlen, noch diese Gewissheit durch regelmäßiges Scannen der Ware überprüfen. Verbraucher vertrauen Marken, obwohl es die Distributoren und die Logistiker sind, die für einen sicheren Warentransport und ihre Verteilung sorgen. Teil der Marke kann ein Rückverfolgbarkeitssystem sein, muss es aber nicht.

Beispiel: Fälschungsschutz von Medikamenten

Die Rückverfolgbarkeit von z.B. Nahrungsmitteln zeigt, dass die eigentliche Diskussion abseits der Frage nach der richtigen Technologie geführt wird. Etwas ganz anderes erleben wir heute bei Medikamenten. Verkürzt kann man sagen: Gleiche Aufgabenstellung, andere Umsetzungen. In der EU setzt man auf zentralisierte Datenbanken, die eine End-to-End Verifikation erlauben. In den USA findet derzeit ein Wettlauf der Umsetzungsformen statt. Aktuell gibt ein Akteur seine Daten an den nächsten weiter und stellt so sicher, dass Warenbewegungen im Zweifel zurückverfolgt werden können. Der gedankliche Sprung zur Blockchain ist hier nicht weit, aktuell werden allerdings verschiedene Optionen evaluiert. In Russland setzt man auf eine zentrale Datenbank, sowie „Crypto-Codes“, die eine Offline-Verifikation ermöglichen, usw.

Im Unterschied zu anderen Branchen sind es in der Pharmaindustrie gesetzliche Vorgaben, die die Industrie zu Investitionen zwingt. Es wird vornehmlich über das „Wie“ diskutiert und nicht über das „Ob“. Die Frage, wer die Kosten und wer den Nutzen hat, stellt sich nicht in dem Maße, wie sie etwa in der Nahrungsmittel-, Textil-, oder Automobilbranche gestellt wird. Das ist gut für alle, die Spaß an einer technologisch getriebenen Diskussion haben, lässt sich aber nur bedingt auf andere Industrien übertragen.

Der Tech-Hype neigt sich dem Ende zu

Die letzten Jahre waren geprägt von einem regelrechten Blockchain Hype – zusätzlich befeuert durch die Bitcoin-Story. Nach und nach zeigt sich aber nun: Die Blockchain ist ein weiteres Werkzeug mehr im Koffer der digitalen Anwendungen. Dort liegt sie z.B. neben Big Data, Track&Trace, VR, Machine Learning, Cloud oder IoT. Es gibt Anwendungsfälle, die wahrscheinlich nur durch Blockchain gelöst werden können, so wie man eben einen Hammer dafür verwenden sollte, einen Nagel in die Wand zu schlagen. Im B2B geht es aber immer darum, verschiedene Interessen zusammen zu bringen.

Viele Blockchain-Anwendungen, die heute diskutiert werden, haben in Wahrheit einen Profiteur und viele, die auf eigene Kosten mitmachen müssen. Um im Bild zu bleiben: Die Frage, wem eigentlich Nagel und Wand gehören, wird gerne von demjenigen, der das Bild besitzt, außer Acht gelassen. Das führt m.E., obwohl wir heute einige erfolgreiche Leuchtturmprojekte sehen, mittelfristig dazu, dass sich hier auch die Blockchain nicht flächendeckend über alle Branchen durchsetzen wird.

Die Blockchain und tracekey

Manchmal können neue Vokabeln eine Diskussion neu beleben. Als ich damals im Sport-Unterricht mit Zirkel-Training gequält wurde, wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, dass dies ein paar Jahre später eine Massenbewegung mit dem Namen „CrossFit“ werden würde. Entsprechend setze ich darauf, dass die Blockchain-Diskussion als Katalysator fungiert, die digitale Kollaboration zwischen allen Teilnehmern der Wertschöpfungskette weiter zu entfachen.

„Blockchain“ bleibt dabei allerdings ein Buzz-Word, genauso wie „Track&Trace“. Die eigentliche Fragestellung lautet: Welchen Mehrwert generieren Unternehmen, wenn sie den Schritt zur digitalen Kollaboration wagen?

Für tracekey ist die Blockchain schlicht ein weiteres Tool auf dem Weg zur Digitalisierung der Wertschöpfungsketten. Wir verstehen uns als Lösungsanbieter, der Digitalisierungslösungen für eine ganze Industrie schafft. Da passt die Blockchain-Technologie wunderbar in unser Portfolio – sollte es einen passenden Business Case geben. Das war übrigens auch meine Antwort auf die eingangs erwähnte Frage.

Ein Kommentar von Daniel Althoff, Produktmanager

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